19.12.2022 – LG Hamburg: Alleinige Haftung des Auffahrenden bei lediglicher Behauptung einer Rückwärtsfahrt des Vordermannes ohne weitere Anhaltspunkte

LG Hamburg vom 14.11.2022, Az. 331 S 14/22

Zwei Autofahrer fuhren im Fließverkehr hintereinander her. Es kam zu einer Kollision, deren Entstehung strittig war.

Der Auffahrende behauptet, dass der Vordermann rückwärtsgefahren sei, was von seiner Ehefrau bestätigt wurde. Der Vordermann hingegen bestritt das und behauptet, der Hintermann sei aufgefahren.

Das LG Hamburg gab der Versicherung des Vordermannes Recht.

Im vorliegenden Fall stehe es fest, dass die beiden beteiligten Fahrzeuge zunächst im Fließverkehr hintereinanderfuhren. Dabei sei es üblicherweise so, dass beide Fahrzeuge vorwärts fahren. Kommt es dann zu einer Kollision, könne man im Allgemeinen davon ausgehen, dass der Hintermann aufgefahren ist. Um diesen Anscheinsbeweis zu entkräften, reiche es nicht aus, ein Rückwärtsfahren einfach zu behaupten. Es müssen zumindest Tatsachen vorgetragen werden, die das Rückwärtsfahren ernsthaft möglich machen.

Solche Anhaltspunkte seien nicht benannt worden. Allein die Aussage der Ehefrau genüge dazu nicht, wenn der Vordermann das bestreite. Dann bleibt der Verlauf ungeklärt, was dazu führt, dass der Anscheinsbeweis nicht entkräftet werden konnte. Es liege ein Verstoß gegen § 4 StVO vor, der so schwer wiege, dass der Auffahrende alleine haftet.