16.5.2022 – OLG Frankfurt am Main: Ungültiger Haftungsausschluss bei von Anfang an verkehrsunsicherem Mietwagen

OLG Frankfurt am Main vom 30.12.2021, Az. 2 U 28/21

Eine Autofahrerin mietete bei einer großen Mietwagengesellschaft für eine Woche ein Fahrzeug. Laut den Mietvertragsbedingungen haftete der Autovermieter nur bei grobem Verschulden oder fahrlässigen Pflichtverletzungen.

Bereits nach kurzer Fahrzeit bemerkte die Klägerin Schwierigkeiten beim Schalten. Bei einer Fahrt auf der Autobahn geriet das Fahrzeug plötzlich ins Schleudern. Zu dem Zeitpunkt versuchte die Klägerin die geöffnete Seitenscheibe hochzukurbeln und hatte hierzu ihre linke Hand vom Steuer genommen. Gegenlenken war nicht möglich. Das Fahrzeug schleuderte, schaukelte sich auf, kippte nach links und rutschte über die linke Seite über den Fahrbahnrand hinaus in eine Grünfläche. Beim Umkippen des Mietfahrzeugs geriet der linke Arm der Klägerin durch das Fenster und wurde abgetrennt. Die Klägerin erlitt durch den Unfall schwerste Verletzungen. Eine Replantation des Armes war nicht möglich.

Die Mieterin forderte Schadenersatz und Schmerzensgeld, die Versicherung berief sich auf den Haftungsausschluss für unverschuldete Schäden.

Das Oberlandesgerichts Frankfurt gab der Klägerin Recht.

Gemäß den Ausführungen des Sachverständigen sei das Fahrzeug von Anfang an „prinzipiell nicht verkehrssicher“ gewesen. Das Kreuzgelenk habe sich während der gesamten Laufleistung aus der Lageraufnahme herausgearbeitet und sei dann plötzlich während der Fahrt der Klägerin herausgesprungen.

Der Autovermieter könne sich hier nicht auf den vereinbarten Haftungsausschluss für unverschuldete Schäden berufen. Kraft Gesetzes hafte der Vermieter auch für unverschuldete Mängel der Mietsache, soweit sie bereits bei Vertragsschluss bestanden.

Ein Haftungsausschluss sei nicht möglich bei Verletzung einer sogenannten Kardinalpflicht. Dies sind die wesentlichen Pflichten eines Vermieters. Dazu gehöre es, ein verkehrssicheres Fahrzeug zu vermieten, bei dem insbesondere Lenkung und Bremsen funktionsfähig seien. Ein Mieter müsse sich darauf verlassen können, dass das ihm anvertraute Fahrzeug verkehrstüchtig und frei von solchen Mängeln, die eine erhebliche Gefahr für ihn begründen könnten.